Glückwunsch — du gehörst zu den Absolvent:innen des Jahres 2021! Jetzt willst du im Job so richtig durchstarten. Es gibt es tausend Fragen zu beantworten: Was ist der richtige Job? Soll ich noch einen Master oder Promotion dranhängen? Hab ich überhaupt genug Qualifikationen und Erfahrungen? Soll ich in eine andere Stadt ziehen oder gar in ein anderes Land, wenn sich die Chance ergibt?
Für viele geht es aber auch um etwas anderes: Es ist der Zeitpunkt, um über deine persönliche Business Personality nachzudenken.
Uni-Abschluss, aber kein Abschluss in Selbstbewusstsein?
Studentin oder Student zu sein ist klasse, aber mit dem Wechsel von Uni zum ersten Job betrittst du Neuland und machst einen großen Schritt in Sachen eigene Entwicklung. Und da ist es schwer, nicht nervös zu werden.
Wie möchtest du im Job auftreten und wirken? Was soll dich ausmachen?
Besonders vor dem Hintergrund der Pandemie fällt es jungen Akademiker:innen aktuell schwer, mit mega viel Selbstbewusstsein auf die Jobsuche zu gehen. Gerade Frauen fangen an, an sich zu zweifeln, das höre ich immer wieder. Der Schritt von der Wissenschaft in die Praxis ist zum jetzigen Zeitpunkt eine echte Herausforderung für das eigene Selbstvertrauen.
Du hast das Gefühl, dich im Studium nicht genug praktisch ausprobiert zu haben. Daneben macht die Aussicht auf ein virtuelles Onboarding und Remote Working in den ersten Monaten Sorgen. Kontakte knüpfen, Prozesse lernen, die erste eigene Präsentation und das erste Feedback-Gespräch…das sind alles Dinge, die von dir selbstbewusstes Auftreten verlangen; auch am Telefon und per Videokonferenz.
Taffer werden: so geht‘s
Sei dir bewusst: Du bist nicht alleine mit den Selbstzweifeln und es gibt gute Strategien, die dir helfen können Selbstvertrauen aufzubauen. Ich spreche aus eigener Erfahrung und möchte meine besten Tipps mit dir teilen. Außerdem habe ich mein Confidence-Netzwerk befragt und um Ratschläge für dich gebeten.
Von der Studentin zum Professional – wie ich Selbstbewusstsein lernte und was ich heute anders machen würde
Mit 28 Jahren hatte ich meinen Doktortitel in der Tasche und es hat sich großartig angefühlt…für ungefähr vier Wochen. Als ich mit der Jobsuche anfing, wurde mir auf einmal klar, dass ich mit dem ersten richtigen Job nochmal ganz unten, ganz klein anfangen würde. Schlagartig war alles Selbstvertrauen, was ich in den letzten Monaten der Promotion angehäuft hatte, verloren. Die Uni war sicheres Territorium gewesen. Aber ein Unternehmensumfeld ist etwas ganz anderes, etwas von dem ich keine Ahnung hatte (zumindest habe ich mir das eingeredet). Und so begann die Spirale der Selbstzweifel.
Sie drehte sich rasch schneller und ich fing an, alle meine Fähigkeiten zu hinterfragen, z.B. „Gut im Dissertationsvorwort schreiben, aber nicht gut im Verfassen einer PowerPoint“ oder „Gut bei der Literaturrecherche, aber noch nie ein Budget verhandelt“. Ich war auch unsicher, ob nicht meine Peer Group, die einen Bachelor oder Master gemacht hatten und schon 2-3 Jahre im Job waren, einen uneinholbaren Vorsprung hatten. Würde ein Arbeitgeber nicht von mir mit Doktortitel so viel mehr verlangen und überhaupt, würde es nicht komisch aussehen, wenn ich mich mit dem PHD auf eine Junior- bzw. Einsteigerstelle bewerbe?
Es wurde von Tag zu Tag schlimmer. Typisch Frau, könntest du sagen. Ich war gefangen zwischen dem Wissen, dass ich schon viel erreicht hatte, und der Angst, was die Zukunft bringt, und ob ich das leisten kann. Meine Reaktion auf das mangelnde Selbstbewusstsein war, dass ich ein Volontariat in einer PR-Agentur angenommen habe. 18 Monate lernen und Junior-Arbeiten. Es war nicht das, was ich geplant hatte. Ich hatte schon so viel Zeit an der Uni verbracht und wollte nicht mehr lernen. Ich hatte gehofft, dass das endlich vorbei war. Aber ich habe mir in dem Moment nicht mehr zugetraut. War es eine gute Entscheidung? Wenn du neugierig bist, dann springe zum Ende dieses Artikels, wo ich die Frage beantworte.
Was können Absolventinnen und Absolventen tun, um Ihr Selbstvertrauen zu steigern? Hier meine drei besten Strategien für dich.
- Definiere dein Image
Anstatt in Selbstzweifeln zu versinken und all das positive Feedback meiner Freunde, Familie und Professor:innen zu ignorieren, hätte ich damit starten sollen, meine professionelle Identität zu definieren. Es ist wichtig, zu wissen, wer man ist und wie man wahrgenommen wird bzw. wahrgenommen werden möchte. Schreibe deine Gedanken auf und kreiere so diese positive Vision von dir.
Wenn du nicht weißt, wo du anfangen sollst, kannst du mit diesen Kernfragen beginnen:
- Wenn Mitstudierende oder Lehrer:innen dich beschreiben, welche Kategorien nutzen sie? Kooperativ, kompetitiv, lösungsorientiert oder analytisch sind nur ein paar Ideen.
- Wenn du heute eine Kurzbiografie von dir schreiben müsstest, z.B. für das Intranet deines neuen Arbeitgebers, was würde dort stehen?
- Wenn deine neue Chefin oder dein neuer Chef dich beim ersten All-Hands Meeting vorstellt, was würde sie/er über dich sagen?
- Kenne deinen Wert als „Absolvent:in in der Pandemie 2021“
Ein Grund, warum ich mein Selbstvertrauen nach dem Abschluss verloren habe, war mein geringes Level an Berufserfahrung. Aber stimmte es wirklich, dass ich keine Real-Life-Experiences hatte? Was ist mit dir?
Ich habe eine Menge Praktika in der PR und in Kommunikationsabteilungen gemacht und somit hatte ich eigentlich doch Erfahrungen. Es gab auch viele Projekte, an denen ich während meines Studiums gearbeitet habe. Dabei konnte ich Erfahrungen im Bereich Team-Building, Organisation, Präsentation und Reporting sammeln. Anstatt zu denken, dass ich gar nichts weiß, hätte ich lieber eine Liste mit diesen Dingen aufschreiben und sie in das typische „Business-Vokabular“ übersetzen sollen. Dieses findest du ganz einfach in den Stellenausschreibungen der Unternehmen.
OK, nicht übertreiben, das würde unrealistisch wirken. Aber vertraue darauf, dass du bereits Basis-Skills in allen relevanten Business-Feldern besitzt. Vergiss nicht, deiner Liste Resilienz, Flexibilität und ein positives Mind-Set hinzuzufügen. Du schaffst es gerade durch die Covid-19-Pandemie. Das zählt auch als Erfahrung in Sachen Durchbeißen, Durchhalten und positives Denken!
- Bau dir ein Confidence-Network und ein Sicherheitsnetz
Du bist nicht alleine mit dem Gefühl, nicht genug Selbstbewusstsein zu haben. Warum suchst du dir nicht Verbündete in deinem Arbeitsumfeld? Ich habe das Konzept der „Wingwoman“ erst (zu) spät in meiner beruflichen Karriere kennengelernt, aber es hat mein Leben verändert. Damit du jetzt schon profitieren kannst, stelle ich es dir heute vor: Das Beste, was du machen kannst, ist dir eine Wingwoman oder einen Wingman zu suchen.
Eine Wingwoman kann entweder eine erfahrenere Mentorin für beispielsweise die ersten größeren Präsentationen sein oder jemand aus deinem Team, der etwas mehr Praxis mit Situationen wie Team Meetings hat. Was ist die Aufgabe der Wingwoman? Eine Wingwoman stellt sicher, dass deine Ideen gehört, nicht „gestohlen“ und auch nicht vergessen werden. Sie hält Augenkontakt mit dir und bietet dir so immer ein positives, ermutigendes Gesicht, in das du während der Präsentation oder des Meetings blicken kannst. Sie kann die erste sein, die applaudiert, über deinen Witz lacht oder deine Idee wiederholt, damit sie nicht untergeht: „Ich finde es gut, was Constanze gesagt hat. Lasst uns das nochmal durchsprechen…“.
Grundsätzlich ist eine Wingwoman so etwas wie ein Sparring Partner. Sie braucht vorher ein Briefing zu deinen Zielen und was du in der konkreten Situation erreichen möchtest. Also sprich vorher mit ihr (mit ihm). Danach geht es v.a. um positiven Zuspruch. Ich arbeite seit langem als Wingwoman für mein Team und Mitarbeiter. Wenn ich sehe, dass jemand vor einer Präsentation nervös wird, biete ich häufig pro-aktiv an, ihre Wingwoman zu sein. Ich bin einfach da, im Publikum oder im Meeting, nicke zustimmend, lächle und gebe ihnen das Gefühl, nicht allein zu sein. Und das hilft! Versprochen. Es ist auch eine tolle Chance, in einer konstruktiven Art und Weise von jemandem, dem du vertraust, Feedback zu erhalten. Das ist gerade in den ersten Berufsjahren so viel wert.
Probiere es einfach mal mit deinen Kolleg:innen aus. Du wirst sehen, dass der Aufbau eines Confidence Netzwerks in deiner Firma das Beste ist, mit dem du den ersten Job beginnen kannst. Und Spaß macht es auch noch.
Wie ermöglichst du dir selbst einen einfacheren Start in das Berufsleben?
Kommen wir auf meine eigene Geschichte zurück und die Frage, ob das Volontariat in der PR-Agentur das richtige war…es war goldrichtig! Denn es hat mir erlaubt, meine eigenen Erwartungen an mich etwas herunter zu schrauben und mehr darauf zu fokussieren, Dinge ausprobieren zu können. Offiziell eine Anfängerin zu sein hat mir geholfen, zu akzeptieren, dass ich nicht gleich an Tag 1 alles können und perfekt sein muss. Es erlaubte mir, Fragen zu stellen und um Hilfe zu bitten. Es war ok zu sagen: „Hey, das habe ich noch nie gemacht, kannst du mir die richtige Richtung zeigen oder gibt es einen alten Case, den ich mir ansehen kann? Kann ich mal als Gast bei einem Kundenmeeting dabei sein, um ein Gefühl zu bekommen, wie das abläuft?“.
Es war eine tolle Zeit, weil ich mir den Start selber ein wenig einfacher gemacht habe. Und weißt du was? Dank all der Erfahrung, die ich im Studium und bei der Dissertation gesammelt hatte (und weil ich auch einfach etwas älter als meine Mit-Volontäre war), waren schon die ersten Monate sehr erfolgreich und ich konnte direkt einen 300.000, - EUR Etat mit übernehmen. Das ich mir selbst erlaubt habe, nicht gleich perfekt sein zu müssen, hat so viel positive Energie freigesetzt, dass ich richtig gut war.
Entspannung und das richtige Erwartungsmanagement können deinem Selbstwertgefühl helfen
Wenn du an deinem Selbstbewusstsein zweifelst, ist daher meine Empfehlung für dich mit einem Graduiertenprogramm oder Traineeprogramm zu starten. Du findest Angebote zum Beispiel hier auf talentee.
Viele Unternehmen bieten Programme an. Neben der Lernphase bietet es dir auch die Chance, durch die verschiedenen Stationen die Unternehmenskultur über diverse Abteilungen hinweg kennen zu lernen. Häufig ist gibt es Projekte mit dem Senior-Management, sodass du gleich mit dem Netzwerken anfangen kannst. Und deine Wingwomen, deinen Wingman findest du auch unter den anderen Trainees.
Eine weitere Möglichkeit bieten Firmen im Rahmen von arbeitsbegleitenden Masterabschlüssen an. Hier kannst du eine gute Verbindung zwischen erster Berufserfahrung und mehr Know-How finden, dass ganz konkret zu deinem neuen Arbeitsfeld passt. So erwirbst du fachspezifische Expertise, für die du im Unternehmen anerkannt und geschätzt wirst.
Du kannst nach dem Abschluss auch erstmal mit ein paar Praktika bei den großen Unternehmen starten – sozusagen bevor du dich für das volle Commitment entscheidest. So findest du raus, wo deine persönlichen Stärken liegen und was wirklich der perfekte Job ist.
Top-Tipp zum Schluss für den leichten Einstieg in den Job: Knüpfe schon während des Studiums oder der Ausbildung belastbare Kontakte zu Unternehmen auf. Im Grunde kannst du schon am Ende der Schulzeit mit ersten Praktika damit loslegen. Auf diese Kontakte kannst du dann aufbauen. Wo findest du jetzt diese Unternehmen? Plattformen wie talentee helfen dir dabei. Denn sie lassen dich ein persönliches Profil anlegen, wo du dich, deine Fähigkeiten und Erfahrungen beschreiben kannst. Und dann wirst du von talentee gematcht. So findest du Unternehmen, die zu dir passen könnten, und Unternehmen finden Talente wie dich, mit denen sich eine Kontaktaufnahme lohnt.
So wirst du nach dem Abschluss nicht direkt ins kalte Wasser geschubst, sondern hast erste Anknüpfungspunkte und ggf. Kontakte, die dir bei Fragen zum Job weiterhelfen können. Heute sind die Top-Unternehmen (und gerade die Hidden-Champions und Start-ups) auf Plattformen wie talentee unterwegs und gehen proaktiv auf die Suche nach dir. Sei also von Anfang an dabei und investiere etwas Zeit in den Aufbau deines Netzwerkes. Dann wird der Start in den Beruf leichter und du kannst ihn mit ganz viel Selbstvertrauen angehen.
Mehr Tipps für Selbstbewusstsein im Job gibt es im Buch „The Confidence Commandments. Make Confidence your Superpower.“ und im Web unter www.confidence-commandments.com
Viel Erfolg und denke daran: When you are confident in yourself, people will be confident in you.
Dr. Katrin Luzar ist Marketingexpertin, PR-Pro, Storyteller und Frühaufsteherin. Ihre Mission ist es, Frauen auf ihrer Confidence-Journey zu unterstützen. Nach dem Abschluss ihrer Dissertation im Bereich Kommunikationswissenschaften zum Thema „Inhaltsanalyse von webbasierten Informationsangeboten“ hat sie sieben Jahre bei der PR-Agentur fischerAppelt gearbeitet. Im Jahr 2011 wechselte sie als Pressesprecherin zur Online-Jobbörse monster.de, wo sie seit 2015 das B2C und B2B der DACH-Region leitete. 2019 übernahm sie zusätzlich ein internationales Team und verantwortete das Brand Management und das Content Marketing in der EU. Ihr Leadership-Stil ist sehr kollaborativ und fokussiert auf der Idee, dass das Teilen von Ideen und Stories bessere Ergebnisse erzielt und ein Unternehmen erfolgreicher macht. Aktuell ist sie „in-between-jobs“ und freut sich auf eine neue Herausforderung. Gemeinsam mit einem internationalen Team von Expertinnen hat sie im April 2021 „The Confidence Commandments“ veröffentlicht.
Photo: Ian Stauffer on Unsplash
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